An die ersten Jahre der Kindheit kann man sich ja kaum erinnern und genau deswegen kann sich auch Lyra nicht an ihre Geburt und das Jahr in Irland erinnern. Obwohl sie also gebürtige Irin ist, ist ihr Zuhause immer Las Vegas gewesen. Was allerdings nicht bedeutet, dass sie ihre irischen Wurzeln nicht zu schätzen weiß. Sie hat jeden Besuch in Irland genossen und es auch immer geliebt, wenn ihre Großeltern zu Besuch gekommen sind. Lyra hatte eine gute Kindheit. Harmonisch. Liebevoll. Ihren Eltern war das Familienleben immer sehr wichtig, weswegen es gerade auch dann ausgelebt wurde, wenn ihre Eltern zusammen frei hatten und was mit ihren Töchtern unternehmen konnten. Zu ihrer älteren Schwester Elina, sah Lyra immer auf. Es entwickelte sich schnell eine enge Schwesternbeziehung, weswegen Lyra auch Elina sehr häufig hinterher trottete. Die Mädchen entwickelten sich prächtig und auch kam noch ein Geschwisterchen, eine weitere Tochter, einige Jahre später dazu. Es war ein schönes Familienleben und eine Kindheit, an die sich Lyra heute noch gerne zurück erinnert. Irgendwann! Irgendwann, wenn sie alt genug ist und vielleicht auch eine Familie hat, möchte sie es ähnlich machen. Allerdings sollte ein Schicksalsschlag auch die Familie McCarty ereilen. Vor zehn Jahren geriet ihre Mutter in eine Schießerei und jegliche Hilfe kam zu spät. Von der einen Sekunde auf die andere, verlor ihr Vater seine geliebte Ehefrau und die Kinder ihre Mutter. Lyra, gerade mal dreizehn Jahre alt, kann sich noch heute genau an den Schmerz und das leere Gefühl erinnern, welches in ihrem Körper herrschte, nachdem ihr Vater es ihr und ihren Schwestern gesagt hatte. Jeder einzelne von ihnen entschied sich für einen eigenen Weg um damit zurecht zu kommen. Lyra für ihren Teil war sehr in sich gekehrt. Entschied sich alles mit sich alleine auszumachen, verlor den Appetit und zog sich einfach zurück. Nur langsam schaffte sie es, ihrer Familie offen gegenüber zu treten und über ihre Trauer zu reden. Stück für Stück, kämpfte sich die Familie zusammen dadurch. Ihr Vater war dabei die größte Stütze, da er alles daran tat, für seine Mädchen da zu sein. Er hielt die Familie zusammen und Lyra dankt ihm bis heute noch dafür.

Während der Schulzeit entwickelte sie schon ihre wichtigsten Charakterzüge. Güte. Hilfsbereitschaft. Wissbegierde. Lyra war es wichtig gemocht zu werden, aber noch wichtiger war es ihr die Menschen um sich herum nicht nach dem Beliebtheitsgrad auszusuchen, sondern nach der Herzlichkeit in ihnen drin. Vielleicht machte dies sie automatisch zu einer beliebten Schülerin. Es war quasi ein Selbstläufer. Als Cheerleaderin wurde sie nicht nur von den coolen Schülern gemocht, sondern auch von den Außenseitern für die Lyra dennoch immer ein nettes Wort und ein Lächeln übrig hatte. Schubladendenken empfand sie sowieso nicht als wirklich sinnvoll. Vielleicht beschäftigte sie sich deswegen auch schon früh für Dinge, die andere in ihrem Alter als langweilig abtun würden. Ihr Geld wurde nicht für die neusten Klamotten ausgegeben, sondern lieber für eine Reise, um neue Länder kennen lernen zu können. Und sie wollte auch nicht wissen wer mit wem gerade ein Techtelmechtel hatte, sondern interessierte sich eher für Kunst, weswegen sie ihre Samstage im Museum verbrachte und nicht in der Mall. Ob ihre Jugend dadurch vielleicht etwas Trist und vielleicht sogar Langweilig gewesen war? Mitnichten. Nur weil man sich für andere Dinge interessierte, hieß das nicht, dass man nicht seinen Spaß haben konnte. Sie ging gerne auf irgendwelche Sportveranstaltungen und auch trank sie auf einer Party genauso mal über den Durst, wie ihre Mitschüler. Ja, sie mochte das Schubladendenken nicht, aber auch Lyra ließ sich in keine Schublade stecken. Die High School schloss sie mit Bestnoten ab und war sogar die Abschlussrednerin. Den Abschlussball verließ sie pünktlich um 23 Uhr, weil sie am nächsten Tag in ein ganz neues Abenteuer starten würde.

Ihr Flieger ging um 6 Uhr morgens. Von ihrer Familie tränenreich verabschiedet, fühlte sie sich nie freier, als sie alleine durch die Security ging. Sie blickte sich nur noch einmal um, es war das letzte Mal, dass sie ihre Familie für ein halbes Jahr sehen sollte. Vor dem Studium, hatte sich Lyra dazu entschieden in Südafrika bei einer Tiernotrettung zu arbeiten. Und sie arbeitete wirklich hart. Tag und Nacht. Und das alles nur für die Erfahrungen und die gute Taten. Es war viel Arbeit, aber schnell fand sie sich zurecht und entwickelte nicht nur ihre ersten Muckis, sondern arrangierte sich auch mit den durchaus etwas niedrigeren Standards. Mittlerweile glaubt Lyra, das dieser Lebensabschnitt sie am meisten geprägt hat. Sie entwickelte zu den anderen Freiwilligen und zu den Menschen vor Ort ein sehr enges Verhältnis, was noch heute mit Briefen aufrecht erhalten wird. Auch war Lyra im letzten Jahr erst noch für sechs Wochen wieder vor Ort um zu sehen, was in all der Zeit passiert war. Es gab sogar einen Wimpernschlag lang den Gedanke vor Ort zu bleiben und sich dort einfach niederzulassen. Doch sie verwarf ihn. Lyra gehört ganz einfach zu ihrer Familie und damit auch nach Las Vegas.

In Las Vegas hat sie mittlerweile ihr Studium begonnen. Es stand für sie von Anfang an fest, dass sie nur Kunstgeschichte studieren würde und nichts anderes. Gesagt, getan. Mittlerweile ist sie schon einige Semester weit, schlägt sich hervorragend und arbeitet nebenbei im Museum. Klingt langweilig? Vielleicht in mancher Ohren. Dabei hat Lyra aktuell so viel Spaß in ihrem Leben wie schon lange nicht mehr. Sie geht gerne feiern, kann sich mit ihrem Geld - und der Unterstützung ihres Vaters - ihre erste eigene kleine Wohnung leisten und liebt ihr Leben. Vielleicht auch, weil da dieser eine Mann mitspielt. Aber pssst, das ist noch ein Geheimnis.

Richard P. Hayes, geboren am 28.03.1971 in Alpine, Utah, USA. Seines Zeichens ein bodenständiger Amerikaner. Zusammen mit drei Geschwistern, seinen Eltern und Großeltern, wuchs er am Rande der Kleinstadt auf. Seine Familie unterhielt eine Lodge für Wanderer und Jäger. Noch heute ist die Lodge in Familien besitz und wird von seinem zwei Jahre älterem Bruder Joseph geführt.
Die Kindheit von Richard verlief wie Millionen andere auch. Angepasst an den Lebensstil einer kleinen Stadt wo nahezu jeder, jeden kannte. Die meiste Zeit verbrachte Richard mit seinen Geschwistern draußen in der Natur. Entweder spielten sie Baseball, prügelten sich mit Nachbarkindern oder gingen später mit auf die Jagd. Auch das obligatorische schrauben an Autos durfte hier nicht fehlen. Richard ist noch heute ein begeisterter Handwerker.
Nach der Highschool besuchte er das Salt Lake Community College, um anschließend die University of Utah zu besuchen. Sein Studium umfasste neben Sozialwissenschaften auch amerikanische Geschichte. Gleichzeitig spielte er mit Leidenschaft in der Baseball Mannschaft der Universität.
Schon während seines College Studiums lernte er Karen White kennen und lieben. Aus einer anfänglichen Collegeliebe entwickelte sich eine Beziehung fürs Leben. Richard und Karen heirateten 1985. Zunächst unterrichtete Richard an der Skyridge Highschool, ehe er im Jahr 2001 die Leitung der Highschool in Alpine übernahm.
Richard und Karen wurden Eltern dreier glücklicher und gesunder Kinder. Doch alles Glück ruft auch Schatten hervor. Karen erkrankte an Krebs. Eine Belastungsprobe für die ganze Familie. Die Krankenhausaufenthalte wurden länger und forderten von Richard immer mehr auch den Part seiner Frau zu übernehmen. Die Familie Hayes hielt zusammen, Richard konnte sich auf seine Geschwister und Eltern verlassen, die immer mehr halfen und einsprangen, wo sie nur konnten. Gerade als es schien, dass der Krebs besiegt wäre. Zwei Jahre ohne auffällige Marker gingen ins Land, ehe die Streuungen bemerkt wurden. Erneut folgten Chemo Therapien und Bestrahlungen. Richard versuchte alles, um jedem gerecht zu werden, übersah dabei aber, wie sein Sohn immer weiter abrutschte. Drogen und falsche Freunde. Es ging so weit, dass er seinen Sohn Kieran fast an einer Überdosis verlor. Er hatte gerade erst seine Frau verloren und wollte nicht auch noch seinen Sohn verlieren. Also zog er die Reißleine und steckte ihn in eine Entzugsklinik in Reno / Nevada. Weit weg von Alpine, seinen Freunden und den Drogen. Richard nutzte die Zeit, sich verstärkt um seine beiden anderen Kinder zu kümmern und gemeinsam fassten sie den Entschluss Alpine zu verlassen. Es sollte ein Neuanfang werden. Für alle.
Richard bewarb sich an verschiedenen Schulen des Landes auf eine Direktor Stelle. Aufgrund seiner Qualifikationen und Erfahrung bekam er mehrere zusagen, entschloss sich aber für eine Highschool in Las Vegas. Hier waren sie nahe genug an Reno, sollte sein Sohn einen Rückfall erleiden und ebenso nah um in den Ferien die Familie in Alpine zu besuchen.

BJ wurde in einem kleinen Pupsnest in Oklahoma geboren. Japp, mitten im Nirgendwo, irgendwo auf einer abgelegenen Farm. Es war eine Hausgeburt. Das erste und einzige Summer-Baby, welches seine Mom bereits im Kindbett umgebracht hatte. Die junge 19 Jährige starb als sie ihre Tochter auf die Welt brachte einfach weg...Klar kann das Leben ungerecht sein. Klar spielt es einem manchmal ganz übel zu. Aber eine Hausgeburt? Warum? Es gab haufenweise hervorragende Ärzte da draußen.
Ja! Warum wohl? Weil ihre Hinterwäldler-Familie nicht an solch einen "Humbug" wie Krankenhäuser und die neu moderne Medizin glaubte.
So wurde sie fortan von der strengen Hand ihres ignoranten Säufer- und Schlägervaters aufgezogen. Tägliche, andauernde Prügeleien inklusive. Doch war sie ansonsten allein, hatte niemanden, dem sie sich hätte anvertrauen können. Niemanden, der sie hätte da raus holen können. Was wäre also ihre naheliegendste Option gewesen? Sich beim Jugendamt vorzustellen und ins Heim zu kommen? Ein Waisenkind, welches niemand haben wollte? Also log sie, versteckte sich, so dass man ihre Wunden und blauen Flecke nicht sehen konnte. Klar wäre es ihrem Vater das Liebste gewesen, wenn sie zuhause unterrichtet würde. Doch fand sich einfach keine passende Lehrerin und ihr Dad ist nun mal, auch wenn es hart klang, strohdumm, um ihr etwas beibringen zu können. Also ging sie auf eine öffentliche Schule, wo sie sowieso meist der Außenseiter war, die ihre Nase lieber in ein Buch steckte als in die Angelegenheiten der anderen.
Sie wollte Sängerin werden. Irgendwann einmal reich und berühmt sein. Ein Berufswunsch, den ihr Dad niemals geduldet hätte. Und doch schlich sie sich immer wieder des Nachts heimlich aus dem Haus, buddelte in der Scheune ihre Gitarre aus dem Heu aus, welche sie sich von ihrem erspartem Taschengeld geleistet hatte, und sang ihre eigenen Songs, die sie komponiert hatte. Klar gelang dies besser auf einem anderen Instrument, wie dem Klavier. Doch wie sollte sie dies bitte im Heu verstecken?
Irgendwann hatte sie sich mit Nebenjobs, wie Zeitungen austragen, so viel zusammen gespart, dass sie heimlich nach der Schule einen Umweg machte und zum Klavierunterricht ging. Dafür ging all ihr Erspartes drauf, doch das war ihr egal.

Eines Nachts dann allerdings geschah das Unmögliche. Sie kam spät vom Unterricht nach Hause...Zu spät. Gerade zur Haustür rein, bekam sie die erste Backpfeife und ihr Kopf schlug dabei so heftig gegen die Wand, dass sie in Ohnmacht fiel. Als sich ihre blutunterlaufenen Augen wieder öffneten hatte ihr Dad sie bereits an den Füßen in die Scheune geschliffen...hielt ihre Gitarre in den Händen, ließ sie achtlos fallen und zertrümmerte sie vor den Augen seiner 17 jährigen Tochter mit der Heugabel, bis sie nichts mehr war außer ein Haufen Schutt und Holz...BJ schrie, sie blutete. Tränen liefen heiß über ihre geschundenen, grün-blauen Wangen während sie ihn anflehte nicht auch noch den Rest zu zerstören. Doch er tat es. Ihr Dad warf die Hefte, all ihre vollgeschriebenen Bücher und Kritzeleien in eine Tonne und zündete sie an. Ihre Songs, ihre Kompositionen...einfach weg...
Bitterlich begann das Mädchen zu weinen und da packte ihr Dad sie am Hals, schleifte sie weiter durch den Raum. Ihre Knie schürften dabei am Boden, ihre Schuhe hatte sie bereits verloren. Doch diesmal begann sie sich zu wehren. Wut brannte in ihren Augen, ihrer Kehle, die ihr Vater ihr zudrückte, ihr die Luft abschnürte. Es dauerte nicht lange da verschwammen die Bilder bereits vor ihren Augen und der süße Geruch der Erlösung machte sich breit. Einfach los lassen. Einfach alles von sich werfen und nicht mehr leiden. Doch nein! Abermals schlug sie die schwachen Augen auf, ihre Lippen bereits blau angelaufen. Doch tastete sie am Boden verzweifelt nach einem Gegenstand, der sie befreien könnte. Mit letzter Kraft erreichten ihre Finger die Heugabel, die sie nun einfach nach vorne jagte. Sie traf ihn, traf ihren Dad in den Magen. Blut sickerte in dicken Lachen auf den Boden und die großen Hände lockerten sich um ihren Hals. BJ hustete, krachte zu Boden und trotz allem, was gerade geschehen war kroch sie herüber zum Körper ihres Dads und presste die Hände auf die Wunde. Sie fummelte das Handy ihres Vaters aus dessen Tasche, rief einen Notarzt. Immer noch weinte sie. Wut! Trauer! Verzweiflung. Sein Blut klebte an den Händen der 17 Jährigen. Sie hatte alles versucht, alles gegeben, um ihn am leben zu halten. Wiederbelebung. Mund zu Mund Beatmung. Herz-Druck-Massage. Alles...Doch es war zu spät. Als der Krankenwagen eintraf konnte man nur noch seinen Tod feststellen...

Ja, da war es. Dieses Gefühl von Freiheit. Diese Angst vor dem Gefängnis. Das Blut an ihren Händen, welches sie wohl nie ganz abwaschen könnte, auch wenn man es nicht mehr sah...
War es Notwehr? Mord? Totschlag? Wie oft hatte sie sich ausgemalt, dass es so kommen würde? Dass sie diesen Bastard endlich los war...? Doch jetzt, wo es so weit war, wollte sie es gar nicht mehr. Masochistische Ansicht, oder?
Trotz einer Strafmilderung, weil es offensichtlich aus Notwehr und im Affekt passiert war, verurteilte man sie wegen Totschlags für 6 Jahre Jugendknast...

Die Jahre vergingen und die Zeit im Knast prägte sie zusehenst. Doch verlor sie dabei nie ihr Ziel vor Augen. Es war gut, dass ihr Dad nun tot war. Denn so konnte BJ frei sein. Trotz Gefängnis endlich frei.

Als sie nach 6 Jahren aus dem Knast kam verkaufte sie die Blut-Farm. Lediglich eine kleine Tasche Hab und Gut hatte sie sich eingepackt und von dem Gewinn einen verlassenen, kleinen, runtergekommenen Camper, den sie liebevoll aufmotzte und sogleich begann durch Amerika zu touren. Einfach nur weg, einfach alles hinter sich lassen. Sie hielt sich mit Gelegenheits-Jobs in den verschiedenen Städten des Kontinents über Wasser und es machte ihr Spaß.
Vor kurzem nun war sie in Vegas angekommen. Der Glitzer-Stadt, die sie schon immer mal bereisen wollte. Und wer weiß, vielleicht würde sie hier mal etwas länger verweilen?!
BJ hatte sich einen Job als Tänzerin in einem Striplokal besorgt. Gutes Geld und sie musste nicht das tun, was sie auch nicht wollte.

Ihre Leidenschaft, ihren Traum behielt sie dabei stets im Hinterkopf, hatte ihr Notizbuch dabei immer in ihrer Handtasche bei sich, um neue Ideen und Eingebungen direkt zu Papier zu bringen. Vielleicht...ja vielleicht würde ihr Traum irgendwann doch noch wahr werden...