Man das war heute mit der Hitze aber mal echt zu viel für sie, sicher, liebte es, wenn die Sonne scheint, aber wenn man sich dann vorkommt, als wenn man bei jedem Schritt einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet bekommt und dass dann an einem runter lief, neeeee, nicht ihr Ding. Sie hatte heute an der Uni eher Schluss gehabt, deswegen hatte sie sich schon gestern Abend überlegt, dass sie sich das schon lang geplante Tattoo von ihrem Adoptivbruder stechen lassen könnte. Erst mal das Eine, das Andere, welche sie gerne zwische ihren Schulterblättern haben wolte, würde noch etwas warten müssen. Denn sie wußte ja auch, dass das Tättoowieren nicht ganz schmerzlos über die Bühne ging. Nicht, dass sie in der Beziehung zimperlich war, es dauerte lange, bis sie was sagte, wenn was weh tat. Aber es war ja auch ne Stelle, die recht empfindlich war, wo sie ihr erste Tattoo gerne wollte. Kaum war die letzte Vorlesung also zu Ende gewesen, war sie zur U-Bahnstation gerannt, was schon sehr schweißtreibend gewesen war und dann in der U-Bahn selbst....grauenhaft, diese stickige Luft, Menschen, die nach allem Möglichen stanken und aneinander klebten. Sie hasste so was und war deswegen direkt an der Tür stehen geblieben. Warum musste sich die Uni auch gerade entgegengesetzt von dem Stadtteil befinden, wo Lucian seinen Laden hatte. Heilfroh, endlich diese Sauna von U-Bahn verlassen zu können, war sie im Anschluss zu jenem Eisladen gegangen, wo sie sich immer mal ein Eis holte, wenn sie zu Lucian in den Laden ging. Sie hatte sich beim letzten Besuch im Tattooladen ein Buch mit Motive ausgeliehen, ja Lucian war da zwar nicht so begeistert davon gewesen, aber sie hatte ihm hoch und heilig versprochen, es ihm wieder zu geben. Sie hatte schnell gefunden, was ihr gefiel, auch wenn ihr die Auswahl nicht leicht gefallen war, bei all den vielen unterschiedlichen Motiven. Und das Motiv, welches sie später zwischen ihre Schulterblätter wollte, hatte etwas mit ihrer richtigen Familie zu tun, genauer gesagt mit ihrem Vater Jack, dessen Vorfahren von Indianern abstammten, wie sie von ihrem Adoptivvater erfahren hatte. Sie hatte während der Pausen zwischen den Vorlesungen immer noch mal in dem Buch rum geblättert, aber nichts anderes gefunden, was ihr besser gefallen konnte. Und nun saß sie auf der obersten Stufe der Eingangstreppe, über welche man in den Tattooladen gelangte und genoß ihr Eis. Nur gut, dass sich eine kleine Markise über dem Eingang war, so konnte sie sich wenigstens etwas aklimatisieren. Sie wollte auch nicht mit der Eiswaffel in der Hand in den Laden gehen, wäre doch höchst peinlich, wenn sie sich vollkleckern würde und das dann ein Kunde sehen würde. Bei Lucian störte es sie nicht, sie sahen öfters aus, als hätten sie gerade das Essen gelernt, wenn sie gemeinsam zu Hause kochten. "Was ist?" fagte sie einen Typen, der mit Kumpels am Laden vorbei ging und fragte, ob er auch mal lecken dürfte, allerdings wo anders. "Zisch ab Kleiner" fauchte sie ihn nur an. Lachend zogen die Typen weiter. Schließlich war nur noch etwas von der Eiswaffel übrig, auf die stand sie nicht unbedingt, erhob sich und warf die in den Papierkorb, der an der Wand neben der Eingangstür angebracht war. Suchte dann ein Taschentuch aus der Collagetasche, die sie sich unter den Arm geklemmt hatte und wischte ihre Hände ab. Igitt, sie musste dann erst mal im Laden ihre Hände waschen. Das Taschentuch landete ebenfalls im Papierkorb, ehe sie dann dieEingangstür öffnete. "Lucian" rief sie laut und shloss die Tür hinter sich.
@Lucian Fitzgerald